Augen auf! Ohren gespitzt!
Kindergewusel im Kassenfoyer heißt: Heute zeigen wir Theater für Kinder zwischen 1,5 und 3 Jahren. Doch kaum betreten die Kinder mit ihren Eltern den Raum, wird es ganz leise. Das Stück beginnt und unser junges Publikum verfolgt aufmerksam das Bühnengeschehen von einer Elfe und einem Zwerg zum Thema Naturgeräusche.
Reinhild, du hast nun bereits zum zweiten Mal ein Stück im Rahmen der Krümelbühne entwickelt und stehst dabei selbst auf der Bühne. Was muss man dabei beachten?
Reinhild Köhncke: Wir haben es mit einem sehr anspruchsvollen Publikum zu tun. Die Kinder waren meistens noch nie im Theater und wissen nicht, was sie erwartet. Das heißt, das Stück muss so sein, dass sie keinen Schreck bekommen und gleichzeitig so spannend, dass sie am Bühnengeschehen dranbleiben. Trotzdem kann es passieren, dass Kinder mehr Abstand zur Bühne brauchen, um entspannt zuzusehen oder auf den Arm genommen werden wollen. Das ist alles in Ordnung. Man darf auch leise rausgehen, wenn das Kind ängstlich ist und sich dann wieder zurückschleichen. Der Zuschauerbereich wird auch nicht komplett verdunkelt, sondern bleibt leicht beleuchtet. Und gleichzeitig darf man nicht vergessen, dass auch viele Erwachsene das Stück sehen. Daher achten wir darauf, dass die Spielweise so wahrhaftig wie möglich ist und versuchen ein Theatererlebnis zu schaffen, das für Eltern und Kinder gleichermaßen gut ist.
Bei den Theaterstücken ist die anschließende Spielphase sehr wichtig, in der die Kinder selbst auf die Bühne gehen dürfen. Linnea, was hast du dabei in den letzten drei Jahren, in denen du bereits bei der Krümelbühne mitspielst, beobachten können?
Linnea Vogel: Die Spielphase ist im wahrsten Sinne des Wortes zum Begreifen des Stücks wichtig. Das, was die Kinder soeben gesehen haben, können sie nun selbst nachahmen. Das ist ein Lernprozess: Sehen, handeln, verstehen und dann wird das so lange wiederholt, bis der Vorgang verinnerlicht wurde. Ein weiterer Grund ist, dass sich die Kinder für ihre Verhältnisse sehr lang auf eine Sache konzentriert haben und nun die Abwechslung brauchen. Meine Beobachtung ist, dass diese Phase bei den Familienvorstellungen manchmal einen sanft forschenden Übergang haben. In den Kitas und Krippen, in denen wir spielen, gibt es im Gegensatz dazu überhaupt keine Berührungsängste.
Wie ist deine Vorgehensweise bei der Stückentwicklung?
Reinhild Köhncke: Bei Augen auf! Ohren gespitzt! stand fest, dass es ein Stück mit Naturgeräuschen werden soll. Dann habe ich recherchiert: Welche Geräusche gibt es in der Natur, die sich gut für die Bühne eignen würden? Welche Naturwesen gibt es? Ausgehend von diesen Entscheidungen entwickelte ich ein Konzept. Auf dieser Grundlage fanden dann die Proben statt. Dabei waren wir immer auf der Suche: Welche Geschichte entwickelt sich zwischen den Figuren? Wann und wie werden die Geräusche eingebettet? Und für mich besonders wichtig: Welche musikalischen Motive tragen durch das Stück? Dann gibt es Rückmeldungen von außen und natürlich laden wir auch einmal ein Testpublikum ein, um zu wissen, ob es funktioniert oder ob es noch Momente gibt, die man optimieren kann.
Was ist für dich das Besondere an diesem Theaterformat?
Linnea Vogel: Ich finde faszinierend, dass diese Stücke mit wenig Sprache so viel erzählen können. Dadurch funktioniert das Stück auch für Familien, die kein Deutsch sprechen. Zwei Mal hatten wir bereits ein Gastspiel in Stern Buchholz, wo sich das Erstaufnahmelager für Geflüchtete befindet. An der neuen Produktion mag ich besonders das Lied, das am Ende nochmal alle Szenen aufgreift.
Reinhild Köhncke: Mich berührt es jedes Mal zu beobachten, wie die Kinder während der Spielphase in Interaktion mit uns, den Gegenständen und den Eltern gehen. Es ist so wichtig auch Veranstaltungen für Eltern mit jungen Kindern zu haben, weil Eltern mit Kindern in diesem Alter oft von kulturellen Angeboten ausgeschlossen sind. Und so können sie gemeinsam mit ihrem Kind bei uns eine gute Zeit verbringen.
Das Gespräch führte Tina Koball.
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